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Adipositas

Wenn Ihr Gewicht Sie zu sehr belastet

Mehr als nur ein paar Kilos zu viel: Adipositas. Starkes Übergewicht ist längst nicht mehr nur ein kosmetisches Problem, sondern eine ernstzunehmende chronische Erkrankung mit weitreichenden gesundheitlichen Folgen, die die Lebensqualität und sogar die Lebenserwartung erheblich einschränken kann. Welche Strategien und Massnahmen helfen wirklich und wann kommt eine Operation infrage?

Was ist Adipositas?

Adipositas, umgangssprachlich auch als Fettleibigkeit bekannt, ist eine chronische Erkrankung, die durch eine übermässige Zunahme von Körperfett gekennzeichnet ist. Sie geht weit über normales Übergewicht hinaus und kann ernsthafte gesundheitliche Folgen haben. 

Fettleibigkeit kann sich unterschiedlich stark ausprägen. Die schwerste Form ist die Adipositas permagna, bei der das extreme Übergewicht erhebliche Einschränkungen im Alltag mit sich bringt und die Lebensqualität stark beeinträchtigen kann. Neben Symptomen wie Atemnot, Gelenkschmerzen, verstärktem Schwitzen und verminderter Beweglichkeit leiden viele Betroffene auch psychisch, beispielsweise durch gesellschaftliche Stigmatisierung oder ein negatives Selbstbild. Die Ursachen für Adipositas sind vielfältig und oft eine Kombination aus genetischen Faktoren, hormonellen Einflüssen, ungesunder Ernährung, Bewegungsmangel sowie psychischen und sozialen Aspekten.

Viele glauben, dass Abnehmen einfach nur eine Frage von „weniger essen und mehr bewegen“ ist. Doch für Menschen mit Adipositas ist es deutlich komplexer. Ihr Organismus arbeitet oftanders als der eines Normalgewichtigen, insbesondere in Bezug auf den Stoffwechsel, die Hormonregulation und den Energieverbrauch.

Der Körper ist auf Fettreserven programmiert und darauf ausgerichtet, Energie zu speichern, um in Zeiten von Nahrungsknappheit überleben zu können. Das bedeutet, dass die Gewichtszunahme begünstigt und Gewichtsabnahme erschwert wird. Ausserdem verbrennen Personen mit Adipositas in Ruhe weniger Energie als Normalgewichtige, da ihr Körper wegen eines verlangsamten Grundumsatzes Energie besonders effizient speichert. Selbst wenn sie weniger essen, wird weniger Energie umgesetzt, was den Abnehmprozess erschwert. 

Bei Adipositas sind auch hormonelle Einflüsse auf Hunger und Sättigung gestört. Das Hungerhormon Ghrelin wird in höherer Menge produziert, sodass Betroffene stärkeres Hungergefühl verspüren. Das Sättigungshormon Leptin wirkt oft nicht mehr richtig, wodurch es länger dauert, bis sich ein Sättigungsgefühl einstellt. Daher essen Personen mit Adipositas häufiger und haben es schwerer, mit kleineren Portionen zufrieden zu sein. Viele adipöse Menschen haben eine verminderte Insulinempfindlichkeit. Der Körper produziert mehr Insulin, um den Blutzucker zu regulieren. Ein hoher Insulinspiegel hemmt jedoch die Fettverbrennung, sodass der Körper Fett schlechter abbauen kann.

Radikale Diäten führen oft dazu, dass der Körper in einen „Energiesparmodus“ schaltet: Der Stoffwechsel wird heruntergefahren, um die wenigen Kalorien effizient zu nutzen. Sobald wieder normal gegessen wird, wird überschüssige Energie als Fett gespeichert, was häufig zu einer erneuten Gewichtserhöhung führt – oft sogar über das Ausgangsgewicht hinaus.

Was hilft Ihnen, Ihr Gewicht gesund zu halten?

bewusste Ernährung
regelmässige Bewegung
Stressmanagement
gesunde Routinen
mehrere
nichts
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Warum ist Adipositas gefährlich?

Fettleibigkeit ist nicht nur eine Frage des Aussehens oder des Wohlbefindens – sie stellt eine ernsthafte Gesundheitsgefahr dar. Studien zeigen, dass Schwergewichtige eine verringerte Lebenserwartung haben. Dabei gilt: Je höher das Gewicht, desto kürzer die Lebenserwartung. 

Der Hauptgrund liegt in den zahlreichen Folgeerkrankungen, die durch das übermässige Körperfett verursacht oder begünstigt werden. Adipositas hat Auswirkungen auf nahezu alle Organsysteme – vom Herz-Kreislauf-System über den Stoffwechsel bis hin zu den Gelenken und sogar der Psyche.

Adipositas führt oft zu Bluthochdruck sowie erhöhten Cholesterinwerten, was das Krankheitsrisiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle deutlich erhöht. Eine Herzmuskelverdickung kann zudem langfristig zu einer Herzschwäche führen. Bei adipösen Patienten ist der Zuckerstoffwechsel ebenfalls oft gestört. Die Zellen reagieren nicht mehr ausreichend auf das Hormon Insulin, was zu Insulinresistenz und letztlich zu Diabetes Typ 2 führt. Diabetes wiederum erhöht das Risiko für Nierenprobleme, Nervenschäden, Sehschwäche und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Übermässiges Gewicht belastet die Gelenke – besonders Knie, Hüfte und Wirbelsäule. Das kann zu Arthrose, chronischen Rückenschmerzen und Bewegungseinschränkungen führen. Viele leiden unter Schlafapnoe, einer Erkrankung, bei der es während des Schlafens zu Atemaussetzern kommt. Das kann zu Erstickungsanfällen, Tagesmüdigkeit, Konzentrationsproblemen und einem erhöhten Herzinfarktrisiko führen. Auch Asthma und andere Lungenkrankheiten treten bei adipösen Menschen häufiger auf.

Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Adipositas mit einer höheren Gefahr für Krebserkrankungen einhergeht, darunter Darm-, Magen-, Speiseröhren- und Eierstockkrebs. Der Grund dafür sind hormonelle Veränderungen und chronische Entzündungsprozesse, die das Wachstum von Tumoren begünstigen können. Bei Infektionskrankheiten kann Adipositas den Krankheitsverlauf verschlimmern. Adipöse Menschen haben oft eine eingeschränkte Lungenfunktion, sodass ihr Körper Infektionen schlechter bewältigen kann.

Adipositas ist nicht nur eine körperliche Erkrankung, sondern kann auch die seelische Gesundheit stark belasten. Viele Betroffene leiden unter Depressionen, Angststörungen und einem geringen Selbstwertgefühl. Häufig erleben sie soziale Ausgrenzung oder Diskriminierung, was die psychische Belastung zusätzlich verstärkt. 

Welche Ursachen gibt es für Adipositas?

Adipositas ist eine komplexe Erkrankung, die nicht nur durch ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel entsteht. Tatsächlich spielen mehrere Faktoren eine Rolle, die sich gegenseitig beeinflussen können. Die wichtigsten Ursachen lassen sich in genetische, lebensstilbedingte, psychische und medizinische Faktoren unterteilen.

Die Vererbung spielt eine bedeutende Rolle bei der Entstehung von Adipositas. Studien zeigen, dass Menschen mit adipösen Eltern ein höheres Risiko haben, selbst übergewichtig zu werden. Genetische Faktoren können den Stoffwechsel, das Hungergefühl und die Fettverteilung im Körper beeinflussen.

Ein dauerhaft hoher Kalorienüberschuss führt unweigerlich zu einer Gewichtszunahme. Besonders problematisch sind Energie- und zuckerreiche Lebensmittel, grosse Portionen und häufiges Snacken sowie Mangel an frischen, unverarbeiteten Lebensmitteln. Gleichzeitig verbrennen viele Menschen durch Bewegungsmangel zu wenig Energie. Besonders sitzende Tätigkeiten, wenig Sport und fehlende Alltagsbewegung tragen zur Gewichtszunahme bei. 

Emotionen beeinflussen das Essverhalten massgeblich. Viele Betroffene essen vermehrt aus Stress, Langeweile oder Frust, was langfristig zu Übergewicht führen kann. Zudem treten Depressionen und Essstörungen wie Binge-Eating oft in Verbindung mit Adipositas auf. 

Bestimmte Erkrankungen und hormonelle Störungen können zu Adipositas führen. Schilddrüsenunterfunktion  verlangsamt den Stoffwechsel, wodurch weniger Kalorien verbrannt werden. Cushing-Syndrom  führt durch eine Überproduktion von Cortisol zur Fettspeicherung. Polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS) fördert Gewichtszunahme.
Auch Medikamente wie Antidepressiva, Kortison oder Betablocker können den Appetit steigern oder den Stoffwechsel verlangsamen.

Adipositas kann auch durch andere Einflüsse verstärkt werden. Schlafmangel kann den Hormonhaushalt stören und zu vermehrtem Hungergefühl führen. Schwangerschaft geht mit hormonellen Veränderungen und veränderten Essgewohnheiten einher, die das Gewicht langfristig beeinflussen können.

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  • Immer mehr Kinder und Jugendliche sind von Adipositas betroffen. Die Diagnose erfolgt aber nicht nach dem klassischen BMI, sondern nach alters- und geschlechtsspezifischen Perzentilen.
  • Der BMI unterscheidet nicht zwischen Fett und Muskeln – sportliche Menschen mit viel Muskelmasse können fälschlicherweise als übergewichtig gelten.
  • Jedes Kilo weniger zählt. Schon eine moderate Gewichtsabnahme kann das Risiko für zahlreiche Folgeerkrankungen senken und die Lebensqualität steigern.
  • Unser Appetit wird von chemischen Signalen im Gehirn beeinflusst. Manche Menschen werden schneller satt, andere haben durch eine genetische Veranlagung ein stärkeres Hungergefühl.

Was ist der Unterschied zwischen Übergewicht und Adipositas?

Die Begriffe Übergewicht und Adipositas werden oft synonym verwendet, unterscheiden sich jedoch deutlich. Beide beschreiben ein Gewicht, das über das Normalmass hinausgeht, wobei Adipositas einekrankhafte Form von Übergewicht darstellt. Übergewicht entsteht oft durch einen ungesunden Lebensstil, wobei Adipositas sich entwickelt, wenn Übergewicht langfristig bestehen bleibt und weitere Faktoren wie genetische, hormonelle oder psychische Einflüsse hinzukommen. Während Übergewicht oft durch eine Anpassung der Lebensweise kontrollierbar ist, erfordert Adipositas häufig eine medizinische Behandlung.

Als Richtwert zur Unterscheidung dient der Body-Mass-Index (BMI). Das ist eine Kennzahl zur Beschreibung des Verhältnisses von Körpergewicht zu Statur. Die Berechnung erfolgt durch Division des Körpergewichts (in Kilogramm) durch das Quadrat der Körpergrösse (in Meter). Als Übergewicht gilt BMI zwischen 25 und 29.9, als Adipositas ab 30. Adipositas wird in 3 Grad unterteilt: Grad 1 (BMI 30 - 34.9), Grad 2 (BMI 35 - 39.9) und schwere Adipositas Grad 3 (BMI über 40).  

Während Übergewicht oft eine Vorstufe von Adipositas darstellt, handelt es sich bei Adipositas um eine chronische Erkrankung, die mit schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen einhergeht. 

Neben dem BMI spielt das Fettverteilungsmuster eine grosse Rolle. Bauchfett ("Apfeltyp")  ist gefährlicher, da es das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes erhöht. Hüft- und Oberschenkelfett ("Birnentyp") ist weniger gesundheitsgefährdend. Ein erhöhterTaillenumfang kann bereits bei Übergewicht auf ein erhöhtes Gesundheitsrisiko hinweisen (für Frauen ab 80 cm erhöhtes Risiko, ab 88 cm stark erhöhtes Risiko; für Männer ab 94 cm erhöhtes Risiko, ab 102 cm stark erhöhtes Risiko). 

Was sind die Voraussetzungen für eine Adipositas-Operation?

Eine Adipositas-Operation wird nur unter bestimmten Voraussetzungen durchgeführt. Diese betreffen den Body-Mass-Index (BMI), das Vorliegen von Begleiterkrankungen sowie eine umfassende medizinische Abklärung.

Body-Mass-Index gilt als Hauptkriterium. Bei BMI > 40 ist die OP-Indikation in der Regel gegeben, bei BMI 35 - 40 nur bei bestehenden Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus und chronischen Gelenkbeschwerden. 

Jeder Patient muss eine Reihe von Untersuchungen durchlaufen. Bei einer endokrinologischen Untersuchung werden hormonelle Ursachen des Übergewichts (z. B. Schilddrüsenunterfunktion, Nebennieren-Überfunktion, Diabetes) geprüft. Auch psychische Ursachen wie Depressionen oder Essstörungen werden abgeklärt. Schliesslich folgt eine chirurgische Beratung, um den Betroffenen über Operationsverfahren, Risiken und Ablauf zu informieren. 

Bevor die Operation geplant wird, sind zusätzliche Untersuchungen erforderlich: Magenspiegelung, Ernährungsberatung zur Vorbereitung auf die Zeit nach der OP, kardiologische Untersuchung (Herzuntersuchung) und Ultraschall der Halsgefässe. Von der ersten Vorstellung bis zur OP dauert es ca. 6-9 Monate.

Adipositas – was tun bei starkem Übergewicht?

  • Bevorzugen Sie vollwertige, nährstoffreiche Lebensmittel wie Gemüse, Obst, Vollkornprodukte und Eiweiss.
  • Reduzieren Sie Zucker und verarbeitete Lebensmitteln und konsumieren Sie weniger Softdrinks, Süssigkeiten und Fertigprodukte.
  • Essen Sie langsam und bewusst, um das natürliche Sättigungsgefühl wahrzunehmen und übermässiges Essen zu vermeiden.
  • Kontrollieren Sie Ihre Portionen, indem Sie kleinere Teller verwenden und Portionsgrössen bewusst gestalten.
  • Proteinreiche Ernährung unterstützt den Erhalt der Muskelmasse und fördert das Sättigungsgefühl.
  • Achten Sie auf regelmässige Mahlzeiten, um Heisshungerattacken sowie unkontrolliertes Snacking zu reduzieren
  • Sorgen Sie für individuell angepasstes Training – leichtes Kraft- und Ausdauertraining nach den eigenen Möglichkeiten. Krafttraining fördert den Muskelaufbau, steigert den Grundumsatz und hilft bei der Fettverbrennung. Besonders gelenkschonend für übergewichtige Personen ist Ausdauertraining wie Schwimmen oder Radfahren.
  • Integrieren Sie mehr Bewegung in Ihren Alltag: Treppen steigen, längere Spaziergänge, Fahrradfahren statt Auto. Gemäss den Empfehlungen sollten das 150 Minuten moderate Bewegung pro Woche sein.
  • Analysieren Sie Ihr Essverhalten, um Ursachen für ungesundes Essen zu identifizieren (z. B. Stress, Langeweile) und bewusst ändern.
  • Erkennen Sie emotionale Essmuster und entwickeln Sie Strategien zur Stressbewältigung ohne Essen.
  • Führen Sie Selbstbeobachtung durch ein Ernährungstagebuch, um Bewusstsein für eigene Ernährungsgewohnheiten zu schärfen.
  • Setzen Sie realistische Ziele. Kleine, erreichbare Schritte helfen, langfristige Motivation zu erhalten.
  • Suchen Sie soziale Unterstützung. Teilnahme an Selbsthilfegruppen oder Ernährungsberatungen kann sehr hilfreich sein. 
  • In Kombination mit Ernährungs- und Bewegungstherapie und unter ärztlicher Aufsicht können spezielle Medikamente eingesetzt werden.
  • Bei extremer Adipositas wird eine bariatrische Operation empfohlen. Eine Magenverkleinerung (Magenbypass, Schlauchmagen) sollte bei schwerer Adipositas (BMI > 40) als letztes Mittel durchgeführt werden. 

Adipositas ist eine Herausforderung, aber kein unüberwindbares Schicksal. Mit der richtigen Kombination aus gesunder Ernährung, mehr Bewegung und einer bewussten Verhaltensänderung lässt sich nachhaltig Gewicht reduzieren und die Lebensqualität erheblich verbessern. In manchen Fällen können auch medizinische oder chirurgische Massnahmen unterstützend wirken. Entscheidend ist, den ersten Schritt zu wagen und dranzubleiben – denn jeder kleine Fortschritt bringt Sie Ihrem Ziel näher.