Niacin, auch Vitamin B3 genannt, ist ein wasserlösliches B-Vitamin, das aus mehreren chemisch eng verwandten Verbindungen besteht. Dazu gehören Nicotinsäure und Nicotinamid, die im Körper je nach Bedarf ineinander umgewandelt werden können.
Der menschliche Körper kann Niacin nicht nur über die Nahrung aufnehmen, sondern auch selbst synthetisieren, sofern genügend Tryptophan vorhanden ist – eine Aminosäure, die unter anderem für die Produktion von Serotonin wichtig ist. Nach der Aufnahme über den Verdauungstrakt, insbesondere über den Dünndarm, gelangt das Vitamin ins Blut und wird von verschiedenen Organen genutzt, wobei die Leber als Speicher dient. Überschüssige Mengen werden mit dem Urin ausgeschieden.
Die Bioverfügbarkeit von Niacin ist abhängig von der Nahrungsquelle. In tierischen Produkten liegt es überwiegend als Nicotinamid vor und kann fast vollständig verwertet werden. Pflanzliche Lebensmittel enthalten dagegen meist Nicotinsäure, die häufig an andere Moleküle gebunden ist, was die Aufnahmefähigkeit des Körpers verringert. Neben seiner Rolle bei der Energiegewinnung ist Niacin auch an der Bildung anderer wichtiger Moleküle beteiligt, die zur Steuerung vieler Prozesse im Körper und zum allgemeinen Wohlbefinden beitragen.
Niacin spielt eine entscheidende Rolle im Körper, indem es zahlreiche lebenswichtige Funktionen übernimmt, insbesondere die Unterstützung des Nervensystems. Es trägt zur Bildung der Myelinscheiden bei, welche die Nervenfasern umhüllen und die Signalübertragung verbessern. Ein Mangel an Niacin kann daher zu neurologischen Symptomen wie Kribbeln oder Konzentrationsstörungen führen.
Das Vitamin spielt auch eine zentrale Rolle im Energiestoffwechsel, denn es ist Bestandteil von NAD und NADH, zwei Coenzymen, die an der zellulären Energiegewinnung beteiligt sind. Diese Moleküle fördern die Umwandlung von Nährstoffen in Energie, was für die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit besonders wichtig ist. Niacin beeinflusst auch den Blutzuckerhaushalt, indem es mit Chrom den Glukosetoleranzfaktor (GTF) bildet, der die Insulinwirkung unterstützt und die Glukoseaufnahme verbessert. Dadurch trägt es zur Stabilisierung des Blutzuckerspiegels bei.
Das Vitamin hat auch eine schützende Wirkung auf verschiedene Organe. Besonders hohe Konzentrationen finden sich in Herz, Leber, Nieren und Immunzellen, was darauf hindeutet, dass es für deren Funktion notwendig ist. So unterstützt Niacin beispielsweise die Leber bei der Entgiftung und trägt zum Schutz der Haut bei, indem es die Zellen vor UV-Strahlung schützt und die Reparatur von DNA-Schäden fördert. Studien zeigen, dass eine regelmässige Zufuhr von Niacin das Risiko von UV-bedingten Hautschäden und Hautkrebs verringern kann.
Ausserdem ist Niacin für die Regulierung der Blutfettwerte von Bedeutung. In Form von Nikotinsäure kann es die Triglyceridwerte senken und das „gute“ HDL-Cholesterin erhöhen und so zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitragen. Auch eine blutverdünnende Wirkung wurde nachgewiesen, da es den Fibrinogenspiegel senkt, der mit Arteriosklerose und Thrombosegefahr in Verbindung gebracht wird.
Schliesslich zeigt das Vitamin auch Potenzial im Bereich der psychischen Gesundheit. Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Nicotinamid bei bestimmten psychiatrischen Erkrankungen unterstützend wirken kann, indem es Entzündungsprozesse reduziert und die Zellfunktion im Gehirn verbessert.
Niacin Flush ist eine körperliche Reaktion, die auftreten kann, wenn der Körper hohe Dosen von Niacin, insbesondere in Form von Niacinamid, aufnimmt. Es kommt zu einer Hautrötung und einem Wärmegefühl, vor allem im Gesicht und am Oberkörper. Dies geschieht, wenn Niacin mit bestimmten Hautproteinen reagiert, wodurch sich die Blutgefässe erweitern und die Durchblutung erhöht wird. In einigen Fällen kann ein leichtes Kribbeln oder Jucken hinzukommen. Trotz der Unannehmlichkeiten ist der Niacin Flush harmlos und klingt in der Regel nach ein bis zwei Stunden ab.
Obwohl Niacin Flush häufig bei der Einnahme von hohen Niacin-Dosen, insbesondere über 500 mg, auftritt, verursacht es keine bleibenden Schäden. Eine langsame Dosissteigerung und die Einnahme von Niacin zu den Mahlzeiten können helfen, die Intensität der Reaktion zu verringern. Für eine mildere Wirkung gibt es auch spezielle Niacinformen wie Inosit-Nicotinat, die weniger wahrscheinlich eine Flush-Reaktion auslösen, da sie im Körper langsamer abgebaut werden.
Die Symptome des Niacin-Flushs lassen oft mit der Zeit nach, wenn sich der Körper an höhere Dosen gewöhnt. Personen, die hohe Dosen Niacin zur Senkung des Cholesterinspiegels einnehmen, sollten dies jedoch unter ärztlicher Aufsicht tun, da sehr hohe Dosen Nebenwirkungen wie niedrigen Blutdruck oder Leberprobleme verursachen können.
Ein Mangel an Vitamin B3 kann durch verschiedene Faktoren verursacht werden, ist aber in den Industrieländern eher selten. Der Körper kann Vitamin B3 aus der Aminosäure Tryptophan selbst herstellen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Ein Mangel an Vitamin B6 oder Eiweiss kann die Umwandlung von Tryptophan in Niacin beeinträchtigen und zu einem Mangel führen. In solchen Fällen können schwerwiegende Symptome wie Hautentzündungen, Nervenschäden oder psychische Störungen auftreten.
Eine der häufigsten Ursachen für einen Niacinmangel ist eine einseitige Ernährung. Besonders gefährdet sind Menschen, die sich unausgewogen ernähren oder eine tryptophan- und niacinarme Kost zu sich nehmen – zum Beispiel eine Ernährung, die hauptsächlich aus Mais besteht. Dies kann zu Pellagra führen, einer Erkrankung, die durch einen gleichzeitigen Mangel an Niacin und Tryptophan verursacht wird und die Haut, den Verdauungstrakt und das Nervensystem betrifft.
Darüber hinaus gibt es medizinische Faktoren, die das Risiko eines Vitamin-B3-Mangels erhöhen. Dazu gehören Lebererkrankungen wie Leberzirrhose, Alkoholkrankheit, chronische Durchfälle sowie das Hartnup-Syndrom, bei dem die Tryptophanaufnahme gestört ist. Auch bestimmte Medikamente wie das Antibiotikum Isoniazid können die körpereigene Niacinproduktion beeinträchtigen. Besonders gefährdet sind Menschen mit Alkoholabhängigkeit, da Alkohol die Nährstoffaufnahme im Körper erheblich stören kann.
Der Tagesbedarf an Niacin variiert je nach Alter, Geschlecht und Energieverbrauch. Im Allgemeinen ist der Bedarf bei Jugendlichen zwischen 15 und 19 Jahren mit 17 mg Niacinäquivalenten pro Tag am höchsten. Bei Erwachsenen liegt der Bedarf bei 12 mg für Frauen und 15 mg für Männer und sinkt ab dem 51. Lebensjahr auf 11 mg für Frauen und 14 mg für Männer.
In bestimmten Lebensphasen wie Schwangerschaft und Stillzeit ist der Bedarf an Niacin erhöht. Im zweiten Trimester der Schwangerschaft beträgt die empfohlene Menge 14 mg pro Tag, im dritten Trimester und in der Stillzeit 16 mg. Auch bei bestimmten Erkrankungen wie Alkoholismus oder Verdauungsstörungen kann der Bedarf an Niacin erhöht sein. Eine ausreichende Zufuhr ist in der Regel durch eine ausgewogene Ernährung gewährleistet, so dass Nahrungsergänzungsmittel in den meisten Fällen nicht notwendig sind.
Niacin ist zentral für den Energiestoffwechsel und die Gesundheit der Haut. Eine ausreichende Zufuhr trägt zum allgemeinen Wohlbefinden bei und beugt Mangelerscheinungen vor.